Mehr Mut zur Lücke – Identität der Stadt erhalten
Statement von Dieter Schmoll, Architekt und sachkundiger Bürger bei der UWG Meerbusch:
Die soziale Durchmischung von Städten ist absolut sinnvoll. Es macht die Lebendigkeit und Attraktivität einer Stadt aus, dass sich in ihr Menschen unterschiedlicher sozialer Schichten wohlfühlen und begegnen können. Soziale Vielfalt ist ein Gewinn für alle. Niemand kann ernsthaft dagegen sein. Deshalb bleibt die Schaffung sozialen Wohnraums ein Gebot der Verantwortung und des Miteinanders.
Doch muss der Blick der Entwicklung und Planung von Städten grundsätzlich immer auch über den eigenen Tellerrand hinausgehen. Man muss hierbei nicht nur feinfühlig und differenziert sein, sondern auch besonders umsichtig vorgehen, also mit Blick auf die ganze Region und zugleich vorausschauend.
Aktuell strahlt der Mangel an bezahlbarem Wohnraum, wie er in der Landeshauptstadt Düsseldorf gegeben ist, auch auf die umliegenden Gemeinden aus. Unsere Lokalpolitik in Meer-busch begegnet dieser Entwicklung mit entsprechenden Aktivitäten zur Wohnraumschaffung auch in unserer Stadt. Bisweilen geht dabei der Blick verloren, was unsere Stadt eigentlich attraktiv macht.
Wir haben in Meerbusch gewachsene Bezirke und Gemeinden mit unterschiedlichster ureigenster Identität. Während beispielsweise in Meererbusch viele Millionäre wohnen, haben wir in der Böhlersiedlung traditionelle Arbeiterquartiere. Und da-zwischen und daneben gibt es bei uns eine große Menge Schattierungen und Vielfalt. Da ist viel historisch Gewachsenes, viel Erhaltenswertes, nicht zuletzt auch viele kostbare Grünflächen und Freiflächen – und bis jetzt noch wenig Bausünden.
Die absehbare extensive Umsetzung von Zwischenraumbebauung in und um Meerbusch birgt jedoch grobe handwerkliche Fehler, die zu weitreichenden Fehlentwicklungen führen können. Man darf dabei vor allem nicht die Bedürfnisse und die Identität seiner eigenen Stadt preisgeben.
Gefahr sozialer Entmischung
Wohlgemerkt: Wer sich für die konsequente Schaffung sozialen Wohnraums einsetzt, ist ethisch sehr im Recht. Es ist nicht empfehlenswert, alle Bezirke und Zonen und Randgebiete rigoros nach freien Stellen zu durchforsten, um diese – ungeachtet der gewachsenen Struktur des Umfeldes – in Sozialwohnraum umzuwidmen.
Denn auf mittlere Sicht ist eine Schieflage absehbar. Eine exzessive Wohnbebauung in einer Stadt wie Meerbusch würde absehbar den Prozess einer sozialen Entmischung in Gang setzen! Diejenigen Bürger nämlich, die bewusst Meerbusch als Stadt im Grünen gewählt haben, würden langfristig nach Düsseldorf ziehen, weil das die attraktivere, lukrativere Wohngegend ist. Es würde nämlich Düsseldorf nur dabei helfen, soziale Randgruppen nach außen zu verlagern, an den Rand eben, zum Beispiel nach Meerbusch. Aber Meerbusch muss Düsseldorf nicht dabei helfen, sozialen Wohnraum zu schaffen. Die Landeshauptstadt ist mit einem ehrgeizigen Konzept dabei, ihre ei-genen Flächen für bezahlbaren Wohnungsraum auszuweisen. Diese wichtige Aufgabe können die umliegenden Städte nicht erfüllen. Aus städteplanerischer Sicht grundsätzlich falsch, die Probleme anderer Städte zu lösen.
Der Bezirk Meererbusch ist bekannt als Wohnbezirk mit den meisten Millionären bundesweit. Man kann das finden, wie man will: Extremer kann der Gegensatz zu dem jetzt für Sozialbau ausgewiesenen Gelände des Alten Bauhofs kaum sein. Das Gelände ist nur wenige Hundert Meter von Meererbusch entfernt ist somit ein Entree für Meererbusch. Es ist kein Snobismus, wenn man darauf hinweist, dass durch eine politisch erzwungene Sozialbebauung an dieser Stelle, die noch dazu eine unattraktive Randlage darstellt, keine wirkliche soziale Durchmischung erreicht wird. Was ist das für eine Botschaft an unsere Neubürger, dass wir sie am äußeren Rand unserer Gemeinde ansiedeln? Noch dazu in einer Randlage, die extrem durch Verkehrslärm belastet ist?
Erschwerend hinzu kommt noch der Umstand, dass mit der Preisbindung des sozialen Wohnungsbaus eine Mehrgeschossigkeit der Gebäude verbunden ist. Hier entstünde neben dem sozialen auch noch ein krasser ästhetischer Kontrast. Das ist dem Stadtbild von Meerbusch abträglich. Ist es bereits asozial, auf diese drohende Fehlentwicklung hinzuweisen?
Es wäre unseren Politikern zu wünschen, bei allem Auftrag zur Gestaltung unseres Zusammenlebens ab und zu den Mut zur Lücke aufzubringen.
Dazu möchte ich abschließend Heinrich-Peter Weyen zitieren, der als ‚Sachkundiger Bürger für die UWG im Planungsaus-schuss’ der Stadt Meerbusch sitzt:
„Warum gefällt es den Menschen gut in Meerbusch? Die Stadt im Grünen bietet als Kleinstadt mit teilweise noch dörflichen Strukturen gute Wohn- und Lebensbedingungen und sollte ihrem Namen in Zukunft wieder stärker gerecht werden. Dazu sollte nicht jede Baulücke geschlossen werden, die Wohndichte nicht immer weiter erhöht werden. Baudenkmäler sollen als Zeugen der Vergangenheit erhalten bleiben. Das alles geht nur mit einer vorausschauenden und unabhängigen Stadtplanung.“ (zitiert aus: www.uwg-meerbusch.de)
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